Wolkenstein. „Arabien, China und Afrika entwickeln ein hoch ansteckendes Virus, welches die Weltbevölkerung ausrotten soll!“ Ein bedeutungsschwerer Satz, der das Ende unserer eigenen kleinen großen Welt bedeutete.
Glücklicherweise handelte es sich dabei um das von Jugendoffizieren der Bundeswehr angebotene Simulationsspiel POL&IS (Politik und internationale Sicherheit).
In einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen dem Wiprecht-Gymnasium Groitzsch und der Gerda-Taro-Schule Leipzig wurden interessierte und wissbegierige Schülerinnen und Schüler im tiefsten Erzgebirge auf die Probe gestellt: Bestehendes einmal umzukrempeln, Krisen und Probleme zu meistern und eine neue, bessere Welt zu kreieren.
Insgesamt 32 Lernenden der beiden Schulen wurde durch das Spiel die Möglichkeit geboten, in die Rollen international wichtiger Akteure und Akteurinnen zu schlüpfen und deren Aufgaben und einhergehende Verantwortung genauer kennenzulernen.
Repräsentiert wurden unterschiedliche Weltregionen jeweils von einem Staatschef/ einer Staatschefin und jeweils Wirtschafts-, Umwelt- und Staatsministerium. Zudem benötigte man im Format Weltpresse, Nicht-Regierungs-Organisationen, Weltbank und UN-Sicherheitsrat.
Jede Rolle hatte ihre eigenen Ziele und Herausforderungen. Es lag an uns Jugendlichen, die jeweiligen zu erfüllen und gemeinsam regionale, sowie globale Probleme anzupacken. Alle Anwesenden zeigten beeindruckende Kreativität und Teamarbeit, um ihre Rollen zum Leben zu erwecken. Rhetorische und diplomatische, aber auch wirtschaftliche Fähigkeiten wurden gestärkt, zu umweltbewusstem und kritischem Denken angeregt.
Wie in der leider nicht simulierten Welt, hatten wir mit Menschenrechtsverletzungen, Kriegen, innenpolitischer Instabilität und der existenzialen Bedrohung des Klimawandels zu kämpfen. Und schnell war klar: Nur gemeinsam und unter Berücksichtigung verschiedener Bedürfnisse und Kompromisse kann man nachhaltige Erfolge erzielen.
Letztendlich waren auch wir dem übermächtigen Endgegner der Realität nicht gewachsen: Dem neidischen und egoistisch handelnden Menschen. So mussten wir anerkennen, dass es kein Wunder ist, dass auf der Welt so vieles aus den Fugen gerät – wenn es nicht einmal eine Gruppe ähnlich gesinnter Jugendlicher schafft zusammenzuhalten und gemeinnützig zu handeln, wie sollte es auf dem Parkett der Weltpolitik anders sein?
Und dennoch kann man getrost behaupten, dass POL&IS ein voller Erfolg war. Selbst am Abend, als die Rollen bereits abgelegt waren, wurde hitzig debattiert, Wissen und Ansichten ausgetauscht. Nach drei intensiven Tagen (oder auch vier POL&IS-Jahren) traten wir wieder die Heimreise an.
Mit im Gepäck: Erfahrungen, die sich bei allen Teilnehmenden eingebrannt haben. Getarnt als Simulation lernten wir den Ernst des Lebens kennen – nämlich, dass jede einzelne Entscheidung die wir treffen, teilweise unbeeinflussbare Auswirkungen mit sich zieht. Wir erlebten, wie hilflos und ohnmächtig man Mangels Unterstützung und Kooperationsbereitschaft ist. Und wir spürten am eigenen Leib, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten, sich gegenseitig Halt und Vertrauen zu schenken und zusammen am selben Strang zu ziehen.
Die uns anvertraute POL&IS-Welt konnten wir nicht zum Guten bekehren. Allerdings sind es auch wir, die alles dafür tun müssen, dass dies möglichst in der Realität geschieht. Das Bewusstsein, dass auch die Welt in der wir leben die unsere ist und sie zu wertvoll ist, um sie zu Grunde gehen zu lassen, wurde durch die Simulation geschickt geschaffen.
Und neben neu aufgenommenem Wissen und entfachtem Mut und Partizipations-Drang wurde auch Fundament jeglichen menschlichen Miteinanders geschaffen. Und zwar das Zusammenfinden und Kommunizieren. Durch das gemeinsame Erlebnis wurden Kontakte geknüpft und verstärkt, es bildeten sich neue Freundschaften heraus und wer weiß, vielleicht treffen sich der eine oder die andere eines Tages an einem echten Verhandlungstisch wieder.
So liegt es jetzt an uns allen, die Hand weiterzureichen. Auf den Grundstein aufzubauen und das internationale Miteinander, sowie den globalen Zusammenhalt zu stärken. Gemeinsam Bestehendes anzupacken, Krisen und Probleme zu meistern den Kampf für eine gerechte Welt niemals ruhen zu lassen. Und wer sich bis hier hin noch nie selbst damit auseinandergesetzt hat, sei herzlich ermutigt und eingeladen, mitzuwirken. Denn egal ob Simulation, „kleine“ oder „große“ Politik – alles wird von uns Menschen gemacht und aus allem können wir als Menschen etwas machen.
Felicitas Maul & Matti Gebhardt